Die Professionalisierung im FM wird massgeblich durch die kontinuierliche Weiterentwicklung der Bildungsangebote, die Erarbeitung von Branchenstandards und produkten der Verbände und insbesondere durch die Entwicklung und Weiterentwicklung internationaler (International Organization for Standardization, ISO), europäischer (Europäische Normen, EN) und nationaler Normen geprägt:

Die ISO-Norm 41001 (2017) definiert FM wie folgt: «organizational function which integrates people, place and process within the built environment with the purpose of improving the quality of life of people and the productivity of the core business».

Es handelt sich also um eine organisatorische Funktion, die Menschen, Orte und Prozesse innerhalb der gebauten Umgebung integriert, um die Lebensqualität der Menschen und die Produktivität des Kerngeschäfts zu verbessern.

3.1 Aufgaben

Aufgrund unterschiedlicher Anforderungen werden FM- und FS-Leistungen trotz standardisierter Rollen- und Prozessmodelle nach wie vor kontextbezogen erbracht, d. h. länderspezifisch, branchen- und organisationsabhängig. Die vorliegende Broschüre hat daher nicht zum Ziel, allgemeingültige Aufgabengebiete für den gesamten DACH-Raum zu beschreiben, sondern möchte anhand einzelner Beispiele einen Grobüberblick über die vielfältigen Aufgabengebiete und Prozessmodelle vermitteln, welche für die einzelnen Unternehmen angepasst und konkretisiert werden müssen.

Generisch vereinfachte FM-Prozesslandkarte

Bild6Quelle: Eigene Darstellung

3.2 Verantwortungsebenen

3.2.1   Die strategische Ebene

Auf strategischer Ebene übernimmt die FM-verantwortliche Stelle, meistens auf Geschäftsleitungsebene, die unternehmensweite Prozessverantwortung für die Bereitstellung anforderungsgerechter technischer Infrastruktursysteme und der damit einhergehenden Services. Damit wird ein elementarer Beitrag zur dauerhaften Erreichung der Ziele des Kerngeschäfts geleistet, wie z. B. durch:

  • die Anforderungsdefinition von langfristigen Zielen und Inhalten des FM,

  • die Bereitstellung und Sicherstellung entsprechender Infrastruktursysteme,

  • die Entwicklung effizienter Bewirtschaftungskonzepte,

  • die Schaffung von (Qualitäts-)Standards für Flächen, Ausstattung, Prozesse und Services,

  • die Bereitstellung und Aus- und Weiterbildung von FM-Personal

  • die Erfüllung/Einhaltung von Gesetzen und Richtlinien, wie z. B. Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz, Haftung von Personen mit Eigentumsrechten und Verantwortung von Betreibenden.

Mit diesen Leistungen verbunden sind höchste Anforderungen an Personalverantwortung und Einsatzplanung, Führungsqualitäten sowie Koordinations- und Integrationsfähigkeiten.

3.2.2 Die taktische Ebene

Unter der strategischen Ebene mit unternehmensweiter Verantwortung folgt die taktische Ebene, gegliedert in Fläche und Infrastruktur sowie Mensch und Organisation. Das Facility Management verrichtet operative Aufgaben (z. B. die Unterhaltsreinigung) nicht selbst, sondern plant, organisiert, steuert und kontrolliert. Zentrale Aufgaben sind hier:

  • die Umsetzung strategischer Ziele durch operative Massnahmen,

  • die Steuerung täglicher Serviceaufgaben sowie Qualitätssicherung,

  • das Management von FM-Projekten und FM-Prozessen,

  • die Durchführung und Umsetzung von Vereinbarungen durch die Führung des eigenen FM-Teams bzw. externer Dienstleistender.

3.2.3 Die operative Ebene

Die operative Ebene wird durch Mitarbeitende abgedeckt, welche verschiedenste Facility Services erbringen, die sich an den vertraglich vereinbarten Rahmenbedingungen orientieren. Dazu zählen z. B.:

  • Arbeitsplatzbewirtschaftung,

  • Energie- und Medienversorgung,

  • Betrieb, Instandhaltung,

  • Intralogistik,

  • Reinigung,

  • Gebäude- und Aussenanlagenpflege (inkl. Winterdienst),

  • Catering und Verpflegung von Mitarbeitenden,

  • Sicherheitsdienste.

3.2. Kompetenzen

Mit der Vielfältigkeit der Aufgabengebiete im FM gehen unterschiedlichste Fach-, Sozial-, Methoden- und Selbstkompetenzen einher. Einige der Fach-/Sozialkompetenzen werden nachstehend erläutert. Methoden- und Selbstkompetenzen fliessen in das neue FM-Kompetenzrad ein, welches viele Elemente der digitalen Transformationskompetenz beinhaltet. Spezialisierte Fachkräfte (vertikaler Kompetenzaufbau) und diversifizierte Fachkräfte (horizontaler Kompetenzaufbau) im FM und FS sind in verschiedensten Branchen und Unternehmen gefragt. Ihre Aufgabengebiete haben sich in den letzten Jahren im Zuge der digitalen Transformation jedoch stark gewandelt, wobei der inneren Einstellung zur Problemlösungsstrategien und der Offenheit Neuem gegenüber (Mindset) eine besonders wichtige Rolle zukommt. Mit der Auswahl der im FM-Kompetenzrad generisch dargestellten Hard-/Softskills sind Personen im FM für die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen bestmöglich gewappnet:

FM-Kompetenzrad

Bild7Quelle: Eigene Darstellung

3.3.1 Fachkompetenzen

FM als generalistische Managementdisziplin beinhaltet aufgrund der diversifizierten Aufgabengebiete auch unterschiedlichste Kompetenzanforderungen. Einen umfassenden Überblick gibt hier die gefma 610. Die Fachkompetenzen und Organisations-/Personalkompetenzen bilden die Basis zum kreativen, selbstorganisierten Lösen von Herausforderungen unterschiedlichster Art. Wesentlich sind hier:

  • strategische Fähigkeiten, wie z. B. interdisziplinäres Denken, Nutzendenorientierung und Wertsteigerung für das Unternehmen im Hinblick auf die Entwicklung und Implementierung von Unternehmensstrategien im FM,

  • Spezialwissen in den Bereichen Planung und Betrieb sowie Erneuerung und Umnutzung von Gebäuden und anderen Einrichtungen. Hier sind vor allem Kompetenzen im Bereich Bau- und Gebäudetechnik, Sicherheitstechnik, Gebäudeautomation, Normenwesen, Verantwortung von Betreibenden, Flächenmanagement, Energiemanagement, Betriebshygiene, Organisation von Facility Services sowie in der bereichsübergreifenden IT gefragt.

Die stetig steigenden Qualitätsanforderungen machen eine tiefere Kenntnis der Geschäftsprozesse der Kundschaft durch den Facility Manager erforderlich. Das bedeutet, dass in bestimmten Branchen spezialisierte FM/FS-Leistungen gefragt sind. Insofern ist eine Fokussierung auf die Anforderungen einzelner Wirtschaftsbranchen (Gesundheitswesen, Pharmaindustrie, Automobilindustrie, Versicherungen, Banken usw.), aber auch der öffentlichen Hand oder seitens Forschungseinrichtungen erforderlich.

3.3.2   Digitale Transformationskompetenz

Der professionelle Umgang in der Nutzung von Technologien wie Internet of Things (IoT), Big Data, Künstliche Intelligenz (KI), Building Information Modeling (BIM), Cybersecurity sowie die erwähnte Um-setzung des digitalen Wandels im Bereich FM und Immobilienwesen sind zentrale Kompetenzen für künftige Facility Manager. Technologischer Fortschritt in Kombination mit kulturellen Veränderungen haben die Art und Weise wie gearbeitet, gelernt und Personal geführt wird stark verändert.

3.3.3 Workplace Management

Die richtige Zusammensetzung und das Angebot an Arbeitsinfrastruktur sind von grosser Bedeutung. Das traditionelle Büro wird immer flexibler und dient vor allem der Kommunikation und der Corporate Identity. Daher werden statt fixen Arbeitsplätzen Arbeitswelten für Activity-Based Working geschaffen. Vier Arbeitsformen haben sich herauskristallisiert:

  • das traditionelle Büro: von Unternehmen zur Verfügung gestellte Büroräumlichkeiten,

  • das hybride Büro: technische Ausstattung für vor Ort- wie auch digitale Sitzungsteilnahme,

  • Homeoffice: arbeiten von zuhause aus,

  • Remote Work: arbeiten von unterwegs, in Third Places wie Co-Working Spaces oder in öffentlichen Infrastrukturen.

Mit hybriden Büroformen werden die Infrastruktur (klassisches Büro und Remote-Arbeitsplatz) sowie die Gebäudetechnik und alle einzelnen FS zu einer motivierenden Arbeitsumgebung gebündelt. So leistet das FM einen wesentlichen Beitrag zu einer hohen Arbeitgeberattraktivität. Zugleich stellt sich die damit verbundene Verschmelzung zwischen Arbeits- und Privatleben als eine Herausforderung dar. Resilienz ist zu einem noch wichtigeren Faktor geworden, da die krankheitsbedingte Ausfallquote vielerorts zugenommen hat. Videokonferenzen haben ihre Vorteile und ergänzen den physischen Kontakt, ohne ihn jedoch zu ersetzen. Welche Arbeiten vor Ort durchgeführt werden, z. B. um den sozialen Austausch und die Kommunikation zu verbessern, Strategiesitzungen oder Innovationsworkshops durchzuführen, ist teamspezifisch zu definieren. Die Infrastruktur in Bezug auf Layoutplanung, Raumgrössen, Möbel, Farb- und Materialkonzept sowie Verrechnungskonzepte der Arbeitsplätze will optimal konzipiert und umgesetzt sein. Aber nicht nur moderne Bürowelten, sondern auch der Arbeitsplatz zuhause muss Anforderungen u. a. an Ergonomie erfüllen, um gesunde und effiziente Arbeitsweisen sicherstellen zu können. Dies gilt im Sinne der Vielfalt und Inklusion insbesondere für Menschen mit Beeinträchtigungen.

3.3.4 Nachhaltigkeitskompetenz

Die Klimakrise und die damit verbunden, vermehrt auftretenden Phänomene wie Hitze-/Dürrekatastrophen, Hungersnöte, Tornados, Überschwemmungen, Erdbeben etc. verursachen gros-ses Leid und Schäden in Milliardenhöhe. Die Menschheit kann diese durch Treibhausgase verursach-ten Probleme nur global und gemeinsam lösen. Alle Uno-Mitgliedstaaten sind verpflichtet, die 17 ambi-tionierten Ziele (Sustainable Development Goals – SDG) als Kernelement der Agenda für eine nachhaltige Entwicklung bis 2030 umzusetzen. Die verbindliche EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen (CSRD) tritt per 2024 in Kraft und beschreibt, welche Anforderungen im Bereich Environment, Social & Governance (ESG) Unternehmen jährlich deklarieren müssen. Grosse Hebel zur Reduktion von Treibhausgasen sind Kreislaufwirtschaft, Energieeinsparungen und der Wechsel auf erneuerbare Energieformen. Dem FM kommt daher eine besondere Bedeutung in der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsaspekten zu, da dort die Nachhaltigkeit in Unternehmen und Organisationen sicherstellt wird. Diese neuen Anforderungen der europäischen Union zur Erreichung der Klimaziele führen zu neuen Key Performance Indicators (KPIs) und Benchmarks in der Immobilienbranche. Hier ein paar wenige Beispiele zur Veranschaulichung zukünftiger Anforderungen an das FM im Bereich
energetischer Modernisierung von Gebäudeparks.

Green Deal, European Climate Law, 2030 EU Climate Target Plan und Fit for 55, Renovation Wave (Renovierung von 35 Mio. Gebäuden bis 2030 und Schaffung von 160.000 Green Jobs). Smart readiness indicator (SRI) und Energy Performance Certificates (EPC), Whitepaper Energieeffizienz und Klimaschutz von IFMA Austria. ESG Nachhaltigkeitskriterien (EU Taxonomy, EU Taxonomy Compass, Erläuterung).

3.3.5 Sozialkompetenzen

FM ist trotz des hohen Digitalisierungsgrads und vieler technischer Komponenten ein «People Business», wo Transformations- und Veränderungskompetenzen gefragt sind. Diversität, Vielfalt und Inklusion sind Schlüsselfaktoren für interdisziplinäre und erfolgreiche Teams. Ausgeprägte Kommunikations- und Kooperationsfähigkeiten sowie Orientierung an der Kundschaft und Teamfähigkeit sind wichtige Voraussetzungen an der Schnittstelle diverser Anspruchsgruppen. Zudem sind Kontaktfreudigkeit sowie Wertschätzung wesentliche Grundpfeiler im Umgang mit Menschen unterschiedlicher Länder, Sprachen, Kulturen, Alter und Erfahrungsschätze. Aber auch Durchsetzungsstärke, Risikobereitschaft und Verhandlungsführung sind wichtig, um Projekte mit begrenzten Ressourcen erfolgreich umsetzen zu können.

3.4 Rollen

Einer der vielen Vorteile, in der FM-Branche zu arbeiten, ist die Vielseitigkeit. Es gibt nicht «die» typischen FM-Funktionen, vielmehr zeichnen sich je nach Kontext die Rollen Eigentum Besitzende, Nutzende, Dienstleistende oder Beratende mit unterschiedlichen Schwerpunkten aus. Egal ob FM-Professionals in Corporate- oder Property-Organisationen, bei Facility Service-Providern oder deren Subunternehmen. Folgende Verantwortungsbereiche gehören zu den FM-Aufgaben: Ressourcenbereitstellung und Renditeerfüllung, Bedarfs- und Anforderungserfüllung und Leistungserfüllung. Im DACH-Raum gibt es im FM drei zentrale Rollen, die bevorzugterweise in partnerschaftlichen Geschäftsbeziehungen zueinanderstehen und dennoch unterschiedliche Standpunkte vertreten:

Interaktionsmodell

Bild8Quelle: Eigene Darstellung

Die vorangehenden Erläuterungen beziehen sich auf die Betriebsphase von Immobilien. Eine zusätzliche Differenzierung ist in Bauprojekten zu beachten. Hier hat das FM eine wichtige Doppelrolle inne: Zum einen stellt der Facility Manager in der Funktion des pbFM sicher, dass die zukünftigen Anforderungen und Vorgaben der Nutzenden/Auftraggebenden berücksichtigt werden (z. B. Lebenszyklus- und Investitionsbetrachtungen, Qualitätssicherung). Zum andern setzt der Facility Manager als Auftragnehmender diese Anforderungen mit den Fachplanenden um, wie in dieser schematischen Darstellung ersichtlich ist:

Generische Bauprojektorganisation

Bild9Quelle: in Anlehnung an crb und IFMA Schweiz, Prozess- und Leistungsmodell (ProLeMo) 2021

Im gesamten DACH-Raum ergeben sich für die Verantwortlichen im Betrieb und in Bauprojekten eine Reihe neuer Fokusthemen. Diese leiten sich aus übergeordneten Zielen wie Klimaschutz, Ressourcenverbrauch, Flächeneffizienz, Digitalisierung etc. ab, wo entsprechende Kompetenzen im grossen Stil nachgefragt werden.

Ein Werkzeug zur Beschreibung der Rollen und Leistungen im FM ist das im Jahr 2020 von RealFM, SVIT FM Schweiz und Facility Management Austria (FMA) entwickelte «Funktions- und Leistungsmodell im FM», das mittels Anwendungsleitfaden in einer separaten Dokumentation erläutert wird. Je nach Unternehmensgrösse und Kerngeschäft vereint das FM horizontal wie vertikal unzählige Rollen auf strategischer, taktischer und operativer Ebene. Denn in seinem Qualifikationsprofil vereint der FM-Professional eine Vielzahl technischer, organisatorischer und finanztechnischer Qualifikationen. Im Zusammenhang mit der Digitalisierung entstehen zudem laufend weitere Rollen und Aufgaben. Das Berufsbild FM gewinnt dadurch weiter an Attraktivität. Aufgrund der Vielfalt an Rollen und Anforderungen kommt es zu Überschneidungen mit anderen Berufsfeldern im Immobilien- und Infrastrukturmanagement. Ein Quereinsteigen aus verwandten Berufszweigen wie Bauingenieurwesen und Architektur, Wirtschaftsingenieurwesen, Betriebswirtschaft, Technik, IT und vielen weiteren ist daher vereinfacht möglich.